Berichte über unser Projekt und Berichte betroffener Eltern:
http://www.gsund.net/cms/beitrag/10183121/4553823/ (öffnet neues Fenster)
Feedback zu unserem Vortrag auf dem Internationalen Frühförderkongress:
Es ist nie zu früh!?
„Absolutes Highlight war für mich der abschließende Workshop, in dem das Projekt „Diagnose: Behindert“ vorgestellt wurde. Die Betroffenheit war im ganzen Auditorium spürbar. Schade, dass diese Veranstaltung nicht gleich am Anfang des Kongresses war. Das Berührt-Sein hätte sich vielleicht durch den ganzen Kongress gezogen und wäre ein wertvolles Geschenk für alle gewesen.“
Diagnosevermittlung
bei Valentina Wilfling
Valentina kam nach einer unkomplizierten Schwangerschaft und auch einer raschen, komplikationslosen Geburt in der 40. Schwangerschaftswoche zur Welt. Wir wurden mit einem „gesunden Kind“ aus dem Krankenhaus entlassen. Bereits in den ersten Wochen zu Hause, hatte sie abends langanhaltende Schreistunden. Aber ansonsten verlief alles unauffällig. Eines Tages beobachtete ich ein kurzes Zucken in ihrem Körper. Es viel mir auch in den darauffolgenden Wochen vermehrt auf. Bei einer Routineuntersuchung sprach ich einen Arzt darauf an, mir wurde jedoch gesagt, dass dies Babys häufig haben. In der 7. Lebenswoche beobachtet mein Mann erstmals ein großes Zucken in Valentinas Gesicht, welches sich an den nächsten Tagen wiederholte. Besorgt ging ich zur Mütterberatung und sagt (wörtlich): „Mein Kind zuckt so im Gesicht. Es sieht aus wie ein epileptischer Anfall.“ Aber auch hier“ beruhigte“ mich die Ärztin wieder damit, dass dies bei Babies häufig zu beobachten ist. Valentinas Zustand verschlechterte sich aber rapide. Sie wurde zunehmend apathisch, erbrach häufig bzw. war nicht mehr in der Lage Nahrung aufzunehmen. Ich kontaktierte meine Kinderärztin. Sie vermutete auch starke Bauchkrämpfe, wies aber erstmals darauf hin, sollte es zu keiner Besserung kommen (3-4 Tage) die Kinderklinik zu einer Abklärung aufsuchen sollten. In der folgenden Nacht krampfte Valentinas Körper im 2stündigen Takt. Völlig am Ende meiner Kräfte und Nerven war für mich klar, wir müssen auf die Klinik. Es war klar für mich, das hier etwas nicht normal war. Beim EEG krampfte Valentina erstmals im Beisein von Fachpersonal. Es kam zu einer sofortigen stationären Aufnahme. Nachdem ich den Verlauf den Ärzten schilderte, kam die Frage. „Warum kommen Sie denn erst jetzt?“. Ich erklärte nochmals deutlich, dass ich mehrmals Kinderärzte darauf aufmerksam gemacht habe. Dennoch hinterließ dieser Satz lange Zeit Schuldgefühle bei mir.
Auf der Station wurde meinem Mann und mir erklärt, dass Valentina eine BNS-Epilepsie hat. Die Ursache dafür kann vielerlei sein, und wird sich vielleicht in den nächsten Tagen klären. Wir wurden auch darauf hingewiesen, dass es häufig sehr schwierig sei, diese Form der Epilepsie in den Griff zu bekommen. Ich hatte das Gefühl, als ob ich in ein großes schwarzes Loch falle, nahm kaum noch etwas um mich herum war. Geistesgegenwärtig bat mein Mann noch um psychologische Betreuung, welche ich auch nach 6 Jahren immer wieder in Anspruch nehme.
Valentina wurde zur Überraschung aller innerhalb des 3wöchigen stationären Aufenthaltes anfallsfrei und blieb dies auch für 6 Monate. Leider begannen die Anfälle danach wieder und könnten bis jetzt nicht eingestellt werden. Diese Jahre waren für mich eine ständige Achterbahn-Fahrt. Immer wieder die Wiederholungen von Hoffen bei Beginn eines neuen Medikamentes, Durchhalten und Warten bei der Aufdosierung und schlussendlich die Enttäuschung, weil es wieder zu keiner Besserung gekommen ist. Nach wie vor blieb auch die Ursache der Anfälle ungeklärt. Es wurden 2 Schädel-MR gemacht, es zeigten sich jedoch keine Auffälligkeiten. Hingegen Valentinas Entwicklung wurde immer auffälliger. Anfangs verstand ich es als Entwicklungsverzögerung und hoffte immer noch, dass sie alles aufholen kann. Erstmals die Diagnose „Halbseitenlähmung-armbetont“ machte klar, dass einiges nicht in Ordnung war. Aber ich empfand diese Diagnose auch als eine Bestätigung meiner Beobachtungen und es brachte auch eine gewisse Form der „Erleichterung“. Erleichterung in diesem Sinne, dass ich mit meinen Gefühlen und auch meine Beobachtungen richtig waren.
Über Zufälle und Umwege erfuhren wir von einer Spezialklinik in Bielefeld. Nach einigem Hin und Her mit der Krankenkasse wurde uns doch ein Aufenthalt dort ermöglicht. Obwohl ich wusste, dass die Chancen eines epilepsiechirugischen Eingriffs sehr gering waren, hoffte ich doch wieder auf ein „Wunder“. Der Aufenthalt an sich war ein tolles Erlebnis. Die Station war sehr klein und wurde sehr familiär geführt. Der Oberarzt nahm sich sehr viel Zeit für uns. Erklärte mir alles bis ins Detail und gab uns wirklich das Gefühl, alles Menschenmögliche für uns zu tun.
Leider waren die Ergebnisse nicht so wie erhofft. Valentina hat mehrere auffällige Stellen im Gehirn, und die Risiken und Erfolgschancen einer OP sind nicht abzuschätzen. Auch wurde mir erst da klar, dass nicht nur die Anfälle an Valentinas Behinderung schuld sind, sondern das es tatsächlich strukturelle Veränderungen im Gehirn gibt. Mir wurde klar, dass auch ein OP Valentina nicht „normal“ werden lässt.
Nachdem es mehr als 5 Jahre mein Ziel war, meine Kind“ gesund zu machen“, und ich alles in meiner Macht stehende dafür getan hatte, war nach der Enddiagnose keine Energie mehr da. Ich hatte keine psychischen als auch physischen Kräfte mehr. Nun hatte auch ich eine Diagnose: Überlastungsdepression, burn-out.
In den letzten Monaten entstand und entsteht noch immer eine neue Beziehung zu meiner Tochter. Eine Beziehung zu meinem Kind, das eine geistige und körperliche Behinderung mit einer nicht einstellbaren Epilepsie hat.
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